Apples Keynote ist Googles stille Party | Projecter Weekly #33 2025
An der einen Stelle Verlierer, an der anderen Gewinner: Google soll eine Milliardenstrafe an die EU-Kommission zahlen. Mit Blick auf Apples Keynote 2025 steht das Unternehmen wiederum richtig gut da: Ist Gemini dann bald auf allen iPhones verfügbar, wenn es bei Siri & Co. nicht wirklich vorangeht?
Diese Woche erfahrt ihr außerdem …
📚 warum Anthropic Entschädigung an US-Autor*innen zahlt,
🌍 welchen Meilenstein TikTok geknackt hat,
👩💻 und wie aus dem „Lofi Girl“ ein Imperium geworden ist.
Entwicklungen & Trends
Milliardenstrafe für Google
Letzte Woche ging es hier im Newsletter erst um die Entscheidung im Kartellrechtsverfahren zwischen Google und dem US-Justizministerium – jetzt hat die Kommission der Europäischen Union eine Strafzahlung in Höhe von 2,95 MIlliarden Euro gegen Google verhängt. Der Grund sind Verstöße gegen das europäische Wettbewerbsrecht. So bevorzuge sich der Konzern selbst gegenüber anderen Anbietern und beschneide damit den Wettbewerb im Werbemarkt.
Google platziert im Bereich Displaywerbung Anzeigen einerseits selbst; andererseits tritt Google als Vermittler zwischen Unternehmen, die Werbeplätze anbieten, und Unternehmen, die auf diesen Plätzen Werbung schalten, auf. Die Kommission gibt dem Tech-Giganten 60 Tage Zeit, einen Plan vorzulegen, wie das Geschäftsmodell angepasst werden kann, um den Vorgaben zu entsprechen.
Google hat jedoch bereits angekündigt, in Berufung zu gehen. Und auch US-Präsident Trump hat sich eingeschaltet, das Vorgehen der EU-Kommission als „unfair“ beurteilt und mit Strafzöllen oder anderen restriktiven Praktiken gegenüber dieser gedroht. Wir bleiben dran.
Apple zeigt neue Produkte – und Google ist (vielleicht) der größte Gewinner
Ein noch dünneres iPhone – schön und gut. Aber wenn man auf Apples aktuelle Innovationsfähigkeit und die weiter wachsende Konkurrenz anderer Tech-Unternehmen (gerade beim Thema KI) blickt, sieht es etwas mau aus: Bei der Präsentation neuer iPhones und Apple-Produkte ging es am Mittwoch wieder vorrangig um Hardware, nicht um Software, wie die im letzten Jahr hoffnungsvoll vorgestellten „Apple Intelligence“-Anwendungen.
Die Erklärung dafür, dass die verkündeten „Gamechanger“ auf Apples Produktpräsentationen wieder dünnere iPhones anstatt leistungsfähigerer Software sind, liegt auf der Hand: Apple kommt beim Thema KI nur sehr schleppend voran. Google stellte währenddessen kürzlich neue Modelle seiner Smartphone-Reihe Pixel vor und betonte Software-Funktionen, die auf Gemini basieren – das mittlerweile im KI-Wettrennen mit ChatGPT & Co. deutlich aufgeholt hat.
Um im Bereich Künstliche Intelligenz aufzuholen, denkt Apple laut Medienberichten über Kooperationen und Zukäufe nach – es soll u. a. Gespräche mit Google zur Integration von Gemini in Siri sowie Überlegungen zu Übernahmen von KI-Spezialist*innen der KI-Start-ups Perplexity oder Mistral geben.
Auch an der Börse zeigt sich die Vormachtstellung der Konkurrenz deutlich: Apple hat seinen Rang als wertvollstes Unternehmen an Nvidia verloren und liegt nun mit 3,5 Billionen Dollar hinter dem Chipriesen, während Alphabet mit 2,9 Billionen Dollar aufholt. Zwar wuchs Apples iPhone-Geschäft zuletzt wieder stärker, doch die Gefahr bleibt, dass der Konzern im globalen KI-Wettlauf an Bedeutung verliert.
Anthropic entschädigt Autor*innen
Stellt euch vor, ihr schreibt ein Buch, und ein Unternehmen nutzt es, um damit seine KI zu trainieren: Wie viel ist euer geistiges Eigentum wert, wenn das Ganze auffliegt? Im Falle des aktuellen Vergleichs, auf den sich das KI-Unternehmen Anthropic und eine Gruppe klagender US-Autor*innen geeinigt haben, sind das 3.000 US-Dollar.
Das Unternehmen will insgesamt 1,5 Milliarden US-Dollar als Entschädigung in einen Vergleichsfonds einzahlen, weil es zum Training früherer Modelle urheberrechtlich geschützte Bücher aus sogenannten Schattenbibliotheken genutzt haben soll. Direkt betroffen seien insgesamt 500.000 Werke, wodurch sich jeweils eine Zahlung von 3.000 Dollar ergibt. Autor*innen mit mehreren betroffenen Büchern können entsprechend mehr Entschädigung fordern.
Wegweisend für KI-Unternehmen und weitere Verfahren gegen diese aufgrund des Datensammelns ist hierbei jedoch, dass Raubkopien zum Training der Anthropic-Modelle genutzt wurden. Denn der zuständige Richter beurteilte die Verwendung der Daten an sich als „Fair Use“ im Sinne des US-Urheberrechts, wenn sie legal beschafft worden sind. Da sie nicht repliziert würden, sondern etwas Neues erschaffen wird, stelle dies keine Urheberrechtsverletzung dar. Anthropic zahlt dementsprechend nur für Datenklau, nicht für das KI-Training. Also kein riesiger Grund zum Jubeln für die Autoren- und Verlagsbranche.
Suchmaschinen
Die Grundlagen des LLM-Seedings
Aus dem SEO-Bereich haben wir diesmal wieder einen Lesetipp für euch: und zwar den Leitfaden von Unternehmer und Web-Influencer Neil Patel, der das Thema „LLM Seeding“ behandelt. Dabei geht es um eine Strategie, mit der Inhalte so optimiert werden, dass sie von großen Sprachmodellen wie ChatGPT als Quelle zitiert werden. Der Beitrag zeigt euch die dafür notwendigen Schritte und Best Practices – lest doch mal rein.
Social Media
TikTok knackt 200 Millionen User in Europa
Die aktuellen Zahlen sind raus und sprechen für sich: TikTok hat in Europa die beeindruckende Marke von 200 Millionen monatlich aktiven Nutzer*innen überschritten.
Vor dem Hintergrund, dass die USA mit 170 Millionen Usern TikToks größter Einzelmarkt sind und dort immer noch eine mögliche Sperre droht, haben die veröffentlichten Zahlen über den europäischen Markt eine ganz besondere Bedeutung.
TikTok hat seine Funktionen, wie das In-Stream-Shopping, bereits auf Europa ausgeweitet – und Millionen von europäischen Unternehmen nutzen die Plattform, wobei das Empfehlungssystem von TikTok nach eigener Aussage besonders kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) hilft, neue Kund*innen zu erreichen. Eine Studie von Oxford Economics ergab, dass die Aktivitäten von KMU auf TikTok 4,8 Milliarden Euro zur Wirtschaft in Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Belgien beigetragen und über 51.000 Arbeitsplätze unterstützt haben.
Mehr Zahlen und Fakten zur Entwicklung von TikTok findet ihr im neuen DSA Transparency Report sowie im TikTok Newsroom.
Snapchat startet Open-Prompt AI Lens
Snapchat senkt die Barriere zwischen Vorstellung und visueller Umsetzung durch KI noch ein Stück weiter und bringt seine „Imagine“ Lens heraus. Diese erlaubt es Nutzer*innen, mit offenen Text-Prompts eigene AR-Filter zu erstellen und diese dann in ihren Snaps zu verwenden.
Die neue Funktion integriert generative KI direkt in das Kernprodukt von Snapchat – die Kamera. Anstatt aus einer vorgegebenen Auswahl an Lenses zu wählen, können die User ihre Kreativität jetzt also frei entfalten.
Lesetipps
Falls ihr noch ein paar Minuten übrig habt …
- Die Schweiz hat mit Apertus ein eigenes, quelloffenes KI-Sprachmodell vorgestellt, das maximale Transparenz und Datensouveränität bieten soll – ausgelegt für Forschung, Wirtschaft und öffentliche Stellen als Alternative zu kommerziellen LLMs wie ChatGPT.
- OpenAI sucht derzeit in San Francisco einen erfahrenen Content Strategist mit einem Jahresgehalt von rund 310.000 bis 393.000 US-Dollar. Macht aus unserer Sicht absolut Sinn, sorgte aber auf Social Media natürlich für Gesprächsstoff, dass gerade ein KI-Unternehmen in menschliche Kreativität statt in weitere Automatisierung investieren will.
Content Piece der Woche
Ein Longread für euch, falls ihr auch schon einmal zum „Lofi Girl“ gelernt oder gearbeitet habt: Aus dem simplen YouTube-Livestream ist ein echtes Kult-Phänomen geworden – heute folgen über 15 Mio. Menschen dem chilligen Lern- und Arbeits-Soundtrack.
Neben Ads bringt die Marke inzwischen Geld über ein eigenes Label, Merch und sogar Gaming-Koops rein. Das Erfolgsrezept: ein konsistenter Vibe, der produktiver macht und sich wie ein gemütlicher Dauer-Soundtrack anfühlt.