Digitale CO₂-Bilanz: Wie viel Emissionen verursacht das Internet?
Jede Google-Suche, jede E-Mail, jeder Videocall – all das verbraucht Energie und verursacht CO₂-Emissionen. Doch wie groß ist der Einfluss digitaler Prozesse wirklich? Besonders für Unternehmen kann sich der digitale CO₂-Fußabdruck summieren. Ich habe meinen eigenen Arbeitsalltag unter die Lupe genommen und analysiert, wie viele Emissionen dabei entstehen. Hier geht’s zum Ergebnis.
Mein Tag beginnt mit dem elektrischen Wecker, und dieser verbraucht Strom. Der Kühlschrank, meine Lampe und mein Smartphone sind alles Produkte, die Energie benötigen und zu meinem CO2-Fußabdruck beitragen.
Es fällt mir leicht, mir vorzustellen, dass auch mein Frühstück Emissionen verursacht. Schließlich kann ich es anfassen und die verschiedenen Zutaten schmecken, die angebaut werden müssen.
Bei immateriellen Produkten wird meine Vorstellungskraft mehr gefordert. Nicht nur die Tram, sondern auch der Podcast, den ich mir auf dem Weg zur Arbeit anhöre, zahlen auf mein Emissionskonto ein. Was vielen Internet-Usern gar nicht bewusst ist: Jeder Klick im Internet, jedes geteilte Bild und jedes angehörte Lied verbrauchen Energie.
In diesem Jahr durfte ich mich in die Tiefen der digitalen Emissionen graben und habe dort viel Spannendes herausgefunden, das ich gerne teilen möchte.
Wie entstehen Emissionen im Netz?
Sobald ich meinen Laptop starte, werden Daten zwischen Kupfer- oder Glasfaserkabeln und Rechenzentren hin und her geschickt. Diese Netzinfrastruktur verbraucht Energie, insbesondere die Server, die rund um die Uhr betrieben und gekühlt werden müssen.
Hinzu kommen Emissionen aus der Herstellung der Hardware, die die CO2-Bilanz des einzelnen Klicks zusätzlich verstärken.
CO₂ Emissionen im digitalen Raum
Digitale Emissionen lassen sich in zwei Kategorien unterteilen:
- Operational Carbon: Emissionen, die durch die operative Nutzung entstehen (z. B. Streaming, Cloud-Speicher).
- Embodied Carbon: Emissionen, die bereits bei der Produktion entstanden sind.
Laut der Sustainable Web Foundation stammt mehr als die Hälfte der verbrauchten Energie von digitalen Prozessen von Endgeräten wie Laptops. Und davon entsteht wiederum nur die Hälfte der Energie des gesamten Lebenszyklus durch die Nutzung des Gerätes. Die anderen 50 % wurden bereits für die Produktion benötigt. Rechenzentren und Netzinfrastruktur erzeugen dagegen einen großen Teil ihrer Emissionen in der Nutzungsphase.1
Ein Blick auf den CO₂-Fußabdruck alltäglicher digitaler Prozesse:
- Eine E-Mail: 0,017 kg CO₂e2
- Eine E-Mail mit Anhang: 0,05 kg CO₂e2
- Eine Stunde Musik-Streaming: 0,0027 kg CO₂e3
- Eine Stunde Videokonferenz: 0,055 kg CO₂e3
- Ein gefahrener Kilometer Benzin-PKW: 0,165 kg CO2e4
Der CO₂-Fußabdruck eines Arbeitstags?
Wie finde ich heraus, wie viele Emissionen ich tagein, tagaus verursache, die ich bis dato gar nicht auf dem Schirm hatte?
Zuallererst vorweg: Nein, so eine große Menge CO₂ verursacht meine Internetnutzung nicht und ich kann auch weiterhin mit gutem Gewissen meine Google-Recherche zu diesem Thema weiterführen. Doch wenn ich den Blick auf die institutionelle Ebene hebe, sieht das schon anders aus.
Mein Arbeitstag besteht darin, 8 Stunden online zu sein. Ebenso der meiner über 70 Kolleg*innen. Dabei sind eigentlich immer mehrere Programme gleichzeitig geöffnet, die Internet und Energie benötigen.
Einen Arbeitstag lang habe ich meine Online-Aktivitäten analysiert: 492 MB Download, 528 MB Upload oder 1,02 GB insgesamt – das entspricht 0,306 kWh und verursacht 0,133 kg CO₂e pro Tag.5
Der tatsächliche CO2-Fußabdruck kann jedoch erheblich höher sein. Da jedes Team unterschiedliche Arbeitsprozesse hat, unterscheidet sich auch deren Emissionslast. Durch häufige Videokonferenzen oder beispielsweise das Nutzen von aufwendigen Grafikprogrammen vervielfacht sich der Datenverbrauch und die damit verbundenen Emissionen.
Messe ich die Daten einer Kollegin aus dem Grafik-Team vervierfacht sich der Wert, denn sie kommt auf einen täglichen Datenverbrauch von 4,12 GB, der 0, 536 kgCO2e verursacht.
Gehen wir von einem Mittelwert von 0,334 kg CO2e/Personentag aus, beträgt der jährliche CO2e-Fußabdruck des gesamten Teams über 5 Tonnen CO2e – vergleichbar mit einem Hin- und Rückflug Berlin–New York für 2 Personen in der Economy-Class.6
Dazu kommen noch Emissionen durch das Nutzen von Cloud-Servern und digitalen Tools. Denn auch gängige Arbeitsprogramme wie Slack, Mailinganbieter und Co. speichern ihre Daten auf Servern ab, die rund um die Uhr Energie verbrauchen und in diese Rechnung noch nicht einbezogen wurden.
Wie Unternehmen digitale Emissionen reduzieren können
Ein bewusster Umgang mit digitalen Ressourcen spart nicht nur Stromkosten, sondern verbessert auch die Unternehmensbilanz in Sachen Nachhaltigkeit. Bewusstsein im Team zu schaffen, ist schon ein wichtiger Ansatz. Konkrete Maßnahmen können sein:
- Unnötige Downloads vermeiden: Statt Dateien mehrfach zu verschicken, einfach Speicherorte teilen.
- Speicherplatz sinnvoll nutzen: Regelmäßiges Ausmisten von ungenutzten Cloud-Dateien oder des E-Mail-Postfaches kann Energie sparen – Digital Waste reduzieren.
- Streaming optimieren: Weniger Full-HD-Videos, wenn es nicht nötig ist.
- Videokonferenzen nachhaltiger gestalten: Kamera ausschalten, wenn nicht erforderlich.
- Rechenzentren mit Grünstrom nutzen: Viele Cloud-Dienste bieten klimafreundliche Alternativen.
Sich mit der eigenen CO₂-Bilanz auseinanderzusetzen ist der erste Schritt. Auch wenn die individuelle Internetnutzung nicht den großen Unterschied macht – auf Unternehmensebene summieren sich die Effekte. Jede eingesparte Kilowattstunde zählt.
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Quellen
1 Sustainable Web Foundation (https://sustainablewebdesign.org/estimating-digital-emissions/)
2 The Carbon Literacy Project (https://carbonliteracy.com/the-carbon-cost-of-an-email/)
3 Oekoinstitut e. V. (https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Digitaler-CO2-Fussabdruck.pdf)
4 Code Gaia: Umweltbundesamt TREMOD 6.51: Vergleich der durchschnittlichen Emissionen einzelner Verkehrsmittel des Linien- und Individualverkehrs im Personenverkehr in Deutschland 2022
5 IEA: Strommix weltweit: 0,475 kgCO₂e/kWh (https://www.iea.org/reports/global-energy-co2-status-report-2019/emissions)
6 My Climate (https://germany.myclimate.org/de/portfolios?calculation_id=7739298)