Google+ vs. Facebook

Wer hätte gedacht, dass Google+ in so schneller Zeit über 100 Millionen Nutzer bekommen würde? Schließlich blieben die vorherigen Versuche von Google, ein eigenes soziales Netzwerk zu starten, unbeachtet und vor allem ohne relevante Auswirkungen auf die Social Media Landschaft. Wird es Google nun doch schaffen, dem Flaggschiff der sozialen Netzwerke – Facebook – eine Gefahr zu werden? Genau darum soll es in diesem Blogbeitrag gehen, also…

Willkommen zum Showdown der Social Networks!
Stellen wir erst einmal die Gegner vor: In der einen Ecke des Ringes ist Facebook: 8 Jahre alt, gewachsen aus einem College-Netzwerk, über 800 Millionen Nutzer schwer und geführt von Mr. Social Network himself: Mark Zuckerberg. Gegenüber das knapp 8 Monate junge Google+, ein neuer Player, gestützt und entwickelt von Google und seinen vielen Diensten, der es mittlerweile auf über 100 Millionen Nutzer weltweit bringt und als das am schnellsten wachsende Social Network aller Zeiten gehandelt wird.

Runde 1 – Design

Warum das Design zuerst? Das Design ist das, was uns als Erstes begegnet, wenn wir mit den Netzwerken arbeiten. Wer hat also hier die Nase vorn?
Facebook arbeitet ständig an seinem Layout und gerade befindet sich eine neue Aktualisierung im vollen Gange: Die Timeline wird eingeführt. Allerdings wird diese sehr kontrovers diskutiert, viele User bevorzugen die „alte“ Ansicht.

cola googleplus profil
Klar definiert und doch gut individualisierbar sind die +Pages

Hat Google+ vielleicht gerade hier einen Vorteil? Das Google+-Layout wird allgemein als klarer und aufgeräumter wahrgenommen, als die (alte) Facebook-Ansicht. Aber vielleicht kann gerade die Timeline, wenn die Skeptiker sich an sie gewöhnt haben, zu einer Abhebung von Google+ und damit zu einem Vorteil für Facebook führen? Genaueres wird man vermutlich erst wissen, wenn wir herausfinden, wie die Timeline für Unternehmensseiten umgesetzt wird.

cola facebook profil
Noch ist die Timeline nicht überall angekommen.

Runde 2 – Features

Die grundlegenden Features von Facebook und G+ ähneln sich stark: Es gibt Unternehmensseiten und private Profile. Fotos, Videos, Links oder auch einfach nur ein Text können über Posts geteilt werden. Die Posts erscheinen dann im Newsfeed von Freunden/Fans oder Circles. Durch die Verwendung von Circles ist Google+ etwas ungezwungener, wenn es darum geht, Kontakte aufzubauen, da man nicht sofort „Fan“ oder „befreundet“ ist. Andererseits fehlt natürlich die Vertrautheit, die viele User von Facebook gewohnt sind.
Google+ wartet momentan fast täglich mit neuen Updates und Features auf – es ist schwierig, hier überhaupt den Überblick zu behalten. Hier liegt der Vorteil eindeutig in der großen Maschine Google, die hinter dem Netzwerk steht. Die Einbindung von Youtube-Videos war nur der Anfang – mittlerweile werden immer mehr Googledienste mit Google+ verbunden und umgekehrt. Die größte Neuerung stellt hier wohl Search, plus Your World dar. Durch diesen Dienst werden Google+-Ergebnisse prominent in der Google-Suche platziert – ein Update, das viele Unternehmen vor allem aus SEO-Gründen dazu bewegt hat, eine eigene +Page zu erstellen und damit dem großen Nutzerzuwachs bestimmt keinen Abbruch getan hat.

Runde 3 – User und Interaktion

Wo wir auch schon beim nächsten Punkt wären: den Nutzern und ihrem Verhalten. Meiner Meinung nach ist dies der wichtigste Punkt, schließlich lebt ein soziales Netzwerk, wie der Name es schon sagt, genau davon.
Momentan hat hier Facebook eindeutig den Vorteil, schon alleine was Userzahlen angeht. Aber wenn man bedenkt, wie schnell G+ wächst, dann ist wohl doch ein genauerer Blick nötig. Larry Page behauptet sogar, dass bis Ende des Jahres mit 400 Millionen Nutzern auf Google+ zu rechnen ist, damit wäre der Neuling bereits halb so groß wie das alt eingesessene Facebook. Deswegen soll es hier nicht nur um die Userzahlen als solches gehen.
Betrachten wir stattdessen die Aktivität der vorhandenen User. Momentan herrscht die Meinung vor, dass auf Google+ kaum Interaktion stattfindet. Betrachtet man die +Page von beispielsweise Coca Cola, einer der derzeit erfolgreichsten Pages, dann scheint das bestätigt. Auf ca. 350.000 User, die Neuigkeiten von Coca Cola erhalten, kommen maximal 70 Kommentare, eher 20 und auch nicht viel mehr +1 pro Post. Im Vergleich zu Facebook sind diese Zahlen natürlich nichts.
cocacola facebook
Auf Facebook hingegen wird die Fanpage von Coca Cola richtiggehend mit Kommentaren, Fotos u.ä überflutet. Auf einen kurzen Post ohne erkennbaren Inhalt gibt es eine Unzahl von Likes, Kommentaren und sogar mehrere Sharings. Vielleicht haftet Google+ einfach zu sehr das Image von Google selbst an. Wird es vielleicht nicht als Seite für den sozialen Austausch, sondern eher als Informationsseite gesehen? Demnach nutzen User die +Pages weniger um Feedback zu geben oder ihre eigenen Accounts um sich auszutauschen, sondern nutzen lediglich den Newsfeed, um neue Nachrichten zu sehen.
cocacola googleplus
Auf jeden Fall ist der interaktive Faktor bei Google+ bis jetzt kaum ausgeprägt. Das kann auch daran liegen, dass sich momentan einfach alle bei Facebook aufhalten. Es fehlt der Anreiz, um ganze Freundesgruppen dazu zu bringen, zu Google+ zu wechseln – denn ein privater Nutzer wird in der Regel nicht viele verschiedene Plattformen auf einmal bedienen, sondern eine, maximal zwei, für die Pflege seiner sozialen Kontakte verwenden.

Finale Runde – das Fazit

Was können wir also zusammenfassend feststellen? Im Design ist der Gewinner unklar, obwohl Google+ hier eine echte Chance hat. Auch wenn es um Features geht, ist Google+ durch die verschiedenen anderen Googledienste und deren Vernetzung im Vorteil.
Aber gerade dort, wo es wirklich zählt, nämlich bei den Nutzern, ist Google+ trotz steigender Userzahlen (noch) nicht angekommen – wie der Mangel an Interaktion zeigt. Wenn sich das nicht ändert, dann wird aus Google+ kein weiteres soziales Netzwerk, sondern eine Informationsseite. Denn Unternehmen können es sich auf Dauer nicht leisten, den SEO-Faktor zu ignorieren, und werden demnach weiterhin ihre Präsenz auf Google+ ausbauen. Wirklich mit ihren Fans kommunizieren werden sie aber auf Facebook – das können sie also auch nicht verlassen.
Für mich ist und bleibt der Gewinner Facebook. Wenn Google+ sich keine Möglichkeit einfallen lässt, um tatsächlich Interaktion ins Netzwerk zu bringen, dann wird es sich nicht gegen Facebook als Social Network durchsetzen können.
Was ist eure Meinung? Wird Google+ Facebook verdrängen können?

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Sven
Sven
vor 12 Jahren

Wie rasant sich Google+ entwickelt hat ist schon bemerkenswert, aber wirklich überraschen tut es einen nicht, wie ich finde.
Mein Favorit dürfte bei den beiden trotzdem noch Facebook sein.
Da einfach die Möglichkeiten etwas aufzubauen strukturierter und präsenter sind.

DJ Band Hochzeit
DJ Band Hochzeit
vor 12 Jahren

Hi, das ist mal wirklich eine sehr ausführliche und gute Gebenüberstellung von Facebook und Google+. Mich wundert es ja, dass der Riese Google ja erst 7 Jahre nach Facebook mit einem eigenen Social Media geantwortet hat.
Also vorgenommen hat sich da Google wirklich eine ganze Menge. Wenn Sie aber jetzt schon bereits 100 Mio Uder haben, dann ist das nicht schlecht. Ein Social Media Portal lebt ja von Usern. Wenn Google nicht an mindestens 500 Mio User rannkommt, dann können sie so innovativ wie möglich sein – es wird nichts bringen.
Zu dem Thema, ob die User in der Zukunft entwieder Facebook oder Google+ nutzen werden kann ich nur eins sagen: In Deutschland waren „früher mal“ die sog. VZ-Verzeichnisse (Studi-VZ, Schüler-VZ…) angesagt. Jetzt sind alle zu Facebook gewechselt und auf den VZ-Verzeichnissen ist nichts mehr los!
Es ist deshalb möglich, dass Google Facebook eines Tages ablösen könnte. Wie gesagt, wichtig ist die Anzahl der User! Sind alle meine Freunde irgendwann mal bei Google+, werde ich mit Sicherheit mit den Gedanken spielen ebenfalls dorthin zu wechselen.
Vielen Dank und einen lieben Gruß
Michael

Julian
Julian
vor 12 Jahren

Wie Vic Gundotra auch betont, ist Google+ „here to stay“, Google setzt ganz massiv auf Google+ als zentrales Element seiner Marktstrategie für die nächsten Jahre.
http://bits.blogs.nytimes.com/2012/03/06/google-defending-google-plus-shares-usage-numbers/