Let me Google that for you: AI Mode startet in Deutschland | Projecter Weekly #37 2025
Google rollt den AI Mode auch in der EU und Deutschland aus, während OpenAI den nächsten KI-Mega-Deal verkündet hat. Eine neue Studie zeigt, wie es um die Nutzung vertrauenswürdiger KI in deutschen Unternehmen steht. Die Kurzfassung: eher schwierig, aber dazu unten mehr.
Diese Woche erfahrt ihr außerdem …
🦜 Welche Strategie Duolingos neue Ad-Plattform verfolgt,
📱 In welche Richtung sich die Social-Media-Nutzung wandelt,
🤳 Welche Risiken die Video-KI Sora birgt.
Entwicklungen & Trends
Google AI Mode jetzt auch in Deutschland
Google hat seinen AI Mode in Deutschland und weiteren EU-Ländern freigeschaltet. Die neue Funktion, die Suchanfragen durch KI-generierte Antworten direkt beantwortet, soll ab dem 8. Oktober für alle Nutzer*innen auf der Google-Startseite sichtbar werden. Bislang haben wir nur einzelne User gefunden, die bereits Zugriff haben, der komplette Rollout scheint einen Moment zu dauern.
Der AI Mode verändert die Suche für Nutzer*innen und Websites grundlegend. User können nun direkt mit einer KI interagieren und Folgefragen stellen, ohne Google zu verlassen. Für Websites bedeutet das: ein wahrscheinlicher Rückgang der Klicks, da die neue Suche deutlich weniger Links anzeigt.
Der KI-Modus läuft als eigener Tab neben „Bilder“ und „Videos“ und wirkt eher wie ein Chat als wie eine klassische SERP. Technisch steckt eine angepasste Gemini-2.5-Variante dahinter. Statt nur kurze „AI Overviews“ oben einzublenden, baut der Modus eine ganze Ergebnisseite mit KI-Antworten – inklusive automatisch erzeugter Vergleichstabellen (z. B. bei Schlaftrackern), Follow-up-Fragen und Eingaben per Text, Stimme oder Bild. Quellen sind zwar verlinkt, aber kleinteilig (Link-Symbole im Text; am Desktop zusätzlich eine Seitenleiste). Anzeigen gibt es dort noch nicht, Google kündigte sie aber bereits an.
Warum das wichtig ist: Google will KI zur Standard-Sucherfahrung machen – nicht als Extra, sondern als Kern. Das passt zur Strategie, Nutzer*innen länger im eigenen Ökosystem zu halten. Laut Google werden Fragen im KI-Modus tendenziell länger und komplexer; insgesamt steige die Nutzung. Eine erste (qualitative) Studie von Kevin Indig deutet zudem darauf hin, dass rund drei Viertel der Sitzungen komplett im KI-Modus bleiben und externe Klicks vor allem bei klarer Kaufabsicht passieren. Übersetzt: Sichtbarkeit als zitierte Quelle und in Produkt-Previews wird wichtiger als reine Klickzahlen.
Noch fehlen wirklich belastbare Zahlen, besonders auch für Europa, aber zusammenfassend ist alles darauf angelegt, dass die Nutzer*innen (aka „wir“) länger auf der Plattform verweilen und es fast unausweichlich ist, dass der Traffic auf externe Websites noch weiter zurückgehen wird. Im ersten Schritt muss dafür aber auch erst einmal die Qualität der AI Antworten zufriedenstellend sein, was zumindest in den USA nicht immer gegeben war.
News gibt’s auch bei OpenAI: Milliarden-Partnerschaft, neue Tools und aktuelle Nutzerzahlen
OpenAI hat mit dem US-Halbleiter-Hersteller AMD eine milliardenschwere Partnerschaft zur Lieferung von Prozessoren für KI vereinbart. Das Unternehmen wird seine eigene KI-Infrastruktur rund um ChatGPT in den kommenden Jahren also massiv um AMD-Chips erweitern. OpenAI erhält dabei Optionen auf bis zu 10 % der AMD-Anteile, wenn mehrere verschiedene Erfolge, wie die Verdreifachung des AMD-Kurses, erreicht werden. Analyst*innen sehen ein Umsatzpotenzial des KI-Deals im zweistelligen Milliardenbereich und schätzen, dass AMD mit KI-Chips künftig über 100 Mrd. Dollar Umsatz erzielen könnte.
Aber war da nicht noch was? Stimmt, erst vor etwa zwei Wochen hat OpenAI auch eine weitreichende Zusammenarbeit mit der AMD-Konkurrenz Nvidia bekanntgegeben (wir berichteten). KI-Anbieter wie OpenAI versuchen sich von dem Weltmarktführer durch Deals und eigene Entwicklungen zu emanzipieren und aus der Abhängigkeit zu lösen.
Daneben gibt es auch die KI selbst betreffend News: ChatGPT entwickelt sich so langsam zu einer übergreifenden Plattform, denn auf seiner Entwicklerkonferenz stellte OpenAI Apps direkt im Chatbot vor. Nutzer*innen können künftig aus ChatGPT heraus auf externe Dienste wie Spotify, Canva oder Expedia zugreifen – weitere Partner wie Uber sollen folgen. Entwickler*innen erhalten zudem die Möglichkeit, eigene Integrationen zu erstellen, die sich nahtlos in den Chat einfügen. Damit rückt ChatGPT einen Schritt näher an eine konversationelle App-Plattform, die klassische App Stores langfristig ergänzen oder sogar ablösen könnte.
Parallel dazu hat OpenAI das AgentKit vorgestellt, ein Entwickler-Toolkit, mit dem Unternehmen eigene KI-Agenten aufbauen und veröffentlichen können. Herzstück ist der Agent Builder, ein visueller Editor, mit dem sich Agentenlogik und Workflows auch ohne tiefgehende Programmierkenntnisse gestalten lassen – quasi ein „Canva für KI-Agenten“.
On top zu diesen Neuigkeiten zählt ChatGPT mittlerweile 800 Millionen wöchentliche Nutzer*innen weltweit. Alle Details könnt ihr auf TechCrunch nachlesen; wir halten euch natürlich auch auf dem Laufenden.
To trust or not to trust
Eine Studie des Marktforschers IDC im Auftrag von SAS hat herausgefunden, dass nur 7 % der deutschen Unternehmen KI in einem Idealszenario nutzen, global sind es aber auch nur 9 %. Wie F.A.Z. PRO Digitalwirtschaft analysiert, nutzen 36 % der Unternehmen unsichere KI und vertrauen den Ergebnissen (was offensichtlich zu großen Problemen führen kann) oder gehören zu 48 % der Fraktion der Nachzügler an, die gar keine sichere KI zur Verfügung hat, ihr aber auch nicht traut.
Am einfachsten dürfte das Thema für die 9 % der Unternehmen zu lösen sein, die bereits eine sichere KI zur Verfügung haben, diese aber noch nicht ausreichend nutzen. Ironischerweise zeigt der Bericht auch, dass viele sich mit Machine Learning noch schwerer tun. Hier sind nur 2 % der Unternehmen im Idealzustand, dem stehen 68 % Nachzügler entgegen. Generativer KI wird mehr vertraut – wahrscheinlich weil sie menschlicher und zugänglicher wirkt – was faktisch gesehen komplett aufs Glatteis führt.
Suchmaschinen
Google Ads Impact Awards 2025: Wir sind nominiert
Am 21. Oktober findet wieder der Google Partner Summit in Dublin statt, bei dem wir als Google Premier Partner wie jedes Jahr dabei sind, und über diese News in eigener Sachen haben wir uns sehr gefreut: Projecter ist bei den dort verliehenen Google Ads Impact Awards unter den Finalisten in der Kategorie Data Innovation.
„Bereits zum zweiten Mal unter den Finalist*innen der Google Impact Awards zu stehen, bestätigt unseren Weg als Online Marketing Agentur und als SEA Team.
Es zeigt, dass wir mit unserer datenzentrierten Strategie und der Qualität unserer Arbeit im internationalen Spitzenfeld mithalten können. Ich bin sehr stolz auf das, was wir gemeinsam in den letzten Monaten auf die Beine gestellt haben.“
Social Ads
Duo sagt: Du hast heute deine Anzeige noch nicht geklickt!
Eventuell haben wir diese News (auch) mit reingenommen, um die hübschen Grafiken im Newsletter unterzubringen. 128 Millionen Menschen weltweit nutzen die Lern-App Duolingo, der längste in unserem Büro gemessene Streak liegt bei 1430 Tagen (ja, das sind fast 4 Jahre) und jetzt hat Duolingo eine eigene Anzeigenplattform gelauncht. Wer nämlich kein Premium-Abo hat, muss Anzeigen sehen, um seine Lektionen fortsetzen zu können.
Die Besonderheit hier: Die Anzeigen werden mit den Duolingo-Charakteren gestaltet und bleiben somit im gewohnten Look and Feel, komplett mit schwarzem Humor. Erste Tests verliefen wohl sehr erfolgreich und deutlich über Branchen-Benchmarks. Wer möchte auch ernsthaft widersprechen, wenn die ewig schlechtgelaunt-sarkastische Lily einem Anweisungen gibt?
Social Media
Social Media Nutzung im Wandel
Aktuelle Analysen zeigen einen unerwarteten Trend in der Social-Media-Nutzung: Der Doppelgänger Newsletter berichtete kürzlich über eine aktuelle Studie von GWI im Auftrag der Financial Times. Die weist darauf hin, dass die Nutzungszeit Sozialer Medien entgegen allgemeiner Annahmen seit drei Jahren rückläufig ist, nachdem sie 2022 ihren Höhepunkt erreichte.
Insbesondere bei jüngeren Zielgruppen ist ein signifikanter Rückgang der Verweildauer auf Plattformen wie Instagram, Snapchat und TikTok feststellbar. Soziale Interaktionen verlagern sich wohl zunehmend auf Kanäle wie Twitch, YouTube oder Discord, was traditionelle soziale Netzwerke vor neue Herausforderungen stellt.
Gleichzeitig verändert sich die Motivlage der Nutzer*innen. Das Kennenlernen neuer Menschen oder die Pflege bestehender Kontakte treten in den Hintergrund. Stattdessen geben mehr User an, Inhalte von Stars oder Influencer*innen zu konsumieren oder passives „Doomscrolling“ zu betreiben.
Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass Social Media immer weniger den ursprünglichen sozialen Interaktionen dient. Die Plattformen optimieren zunehmend auf Nutzungsmaximierung, was sich in einer Produktentwicklung durch aufmerksamkeitsbindende Features manifestiert. Zunehmend dominieren KI-generierte oder auf maximale Aufmerksamkeit zugeschnittene Videoinhalte, während der Anteil menschlicher zu menschlicher Kommunikation abnimmt.
Schockierend realistische KI-Videos
Mit der Veröffentlichung des Text-zu-Video-Modells Sora gelingt OpenAI eine Technologie, die die Generierung täuschend echter Videoszenen aus einfachen Textbefehlen ermöglicht und ein immenses kreatives Potential hat. Nach wenigen Tagen der Nutzung, befasst sich die New York Times mit den Gefahren, die sich innerhalb der ersten Nutzungen der neuen App bereits auftun.
Angesichts der schockierend echt wirkenden Videos von Überfällen, Katastrophen, Protesten und Straftaten, die in der Realität so gar nicht stattgefunden haben, wirft das natürlich die Frage auf, wie sich KI und Sora auf Desinformation im Internet auswirken wird. Vor allem wenn es um politische Fragen und Wahlen geht, könnten KI-generierte Videos die Grenze zwischen Realität und Fiktion verschwimmen lassen.
Eine gute Nachricht gibt es aber: OpenAI ist sich der Risiken wohl bewusst und hat nach eigener Aussage umfassende Sicherheits-Checks durchgeführt. Das Unternehmen will wohl die Sicherheit auch durch die Zusammenarbeit mit Expert*innen, der Entwicklung von Wasserzeichen und strengen Nutzungsrichtlinien weiterhin gewährleisten. Allerdings bleibt abzuwarten, ob es nicht doch Wege gibt, um die Schutzmaßnahmen zu umgehen. Ein Grund mehr, die Debatte um verantwortungsvollen und regulierten Umgang mit generativer KI voranzutreiben und Inhalte mit Vorsicht zu genießen.
Lesetipps & Empfehlungen
Das Ende von Social Media?
Der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama wurde in den 90er Jahren durch sein Buch „The End of History“ bekannt, in dem er die These aufstellte, dass die liberale Demokratie die finale Version der Regierung ist und sich diese weltweit durchsetzen würde. Nun ja, wir wissen alle, wie das ausgegangen ist. Jetzt ist Fukuyama wieder im Gespräch mit seinem Essay „It’s the Internet, Stupid“, in dem schreibt:,
While previously „truth“ was imperfectly certified by institutions like scientific journals, traditional media with standards of journalist accountability, courts and legal discovery, educational institutions and research organizations, the standard for truth began to gravitate instead to the number of likes and shares a particular post got. The large tech platforms pursuing their own commercial self-interest created an ecosystem that rewarded sensationalism and disruptive content, and their recommendation algorithms, again acting in the interest of profit-maximization, guided people to sources that never would have been taken seriously in earlier times.
Seine Kernthese ist, dass Social Media gesellschaftliche Polarisation verstärkt und damit den öffentlichen Diskurs negativ beeinflusst. In eine ähnliche Richtung geht Nathan Witkins Essay „The Case Against Social Media is Stronger Than You Think“.