6 Gründe, warum wir Snapchat 2020 immer noch auf dem Schirm haben sollten

Schwindende Nutzerzahlen, hohe finanzielle Verluste, Probleme mit der Android-Version der App, das Kopieren von Snapchat-Innovationen durch Instagram und Co. – nach turbulenten Zeiten mausert sich Snapchat erneut zum ernstzunehmenden Konkurrenten. Wir zeigen euch, warum 2020 das Comeback-Jahr für die App werden könnte.

Status Quo – mehr NutzerInnen und gestiegener Umsatz

Bereits 2019 zeichnete sich bei Snapchat ein Aufwärtstrend ab, der sich 2020 bisher fortsetzt: Snap konnte im ersten Quartal 2020 einen Umsatz von 462 Millionen Dollar verzeichnen. Das sind 142 Millionen Dollar mehr als noch im selben Quartal 2019. Nutzerseitig kamen von Januar bis April 2020 11 Millionen neue NutzerInnen hinzu. Die Zahl der aktiven NutzerInnen lag im April somit bei 229 Millionen Usern – Höchstwert für die App. Und allein in Europa sind täglich 70 Millionen NutzerInnen aktiv. Snapchat ist gerade dabei, seine ungenutzten Potentiale auszuschöpfen: Seien es die junge Zielgruppe, die innovativen Augmented-Reality (AR)-Lenses, Eigenproduktionen im Show-Segment, sein Wandel zum Content Tool oder spannende Werbemöglichkeiten: Snapchat ist alles andere als tot. Und hier sind die Gründe dafür.

1. Snapchats sehr junge Zielgruppe

71 Prozent aller Snapchat-NutzerInnen sind jünger als 34 Jahre – eine große Herausforderung, aber auch Chance für Brands. Kommen User schon im jungen Alter mit einer Marke in Kontakt, stehen die Chancen gut, dass sie ganz natürlich mit dieser aufwachsen. Snapchat-User können für ein Unternehmen also die KonsumentInnen der Zukunft sein. Marketer sollten sich daher spätestens in diesem Jahr mit dem Netzwerk und seinen Followern auseinandersetzen – auch weil sie über herkömmliche Kanäle nicht mehr zu erreichen sind: In Deutschland gaben 67 Prozent der Snapchat-User an, KEINEN Facebook-Account zu haben.

2. Snapchats spannende Werbemöglichkeiten

Zunächst: Ja, Snapchats organische Reichweite ist im Grunde Null. Trotzdem gibt es sehr ausgereifte Werbeformate, um zu Sichtbarkeit zu gelangen. Marketer können auf fünf Ad-Varianten zurückgreifen: Snap Ads, Collection Ads, Story Ads sowie die beliebten Filter und AR-Lenses. So ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, wie Unternehmen auf Snapchat für sich werben können, auch dank der ausgefeilten (Re-)Targeting-Potentiale.

Warum sich das für Marketer lohnt? Snapchat-NutzerInnen verbringen am Tag durchschnittlich 30 Minuten auf der Plattform und besuchen sie in der Zeit etwa 18 Mal. Das ist sehr häufig im Vergleich zu anderen sozialen Netzwerken und liegt daran, dass Snapchat von Usern viel mehr als Messenger-Dienst zwischen Freunden verstanden wird. Dieses für den User somit sehr vertraute, beinahe private Umfeld bietet auch für Marketer gute Chancen, die NutzerInnen mit glaubwürdigen Anzeigen zu erreichen.

Außerdem praktisch: Unternehmen müssen nicht viel Zeit in das Kreieren von perfektem, professionellem Content stecken. Bei Snapchat geht es vielmehr um Authentizität, Einfachheit und Ehrlichkeit. Lasst als Marketer die Community hinter die Kulissen des Unternehmens blicken, seid nahbar, auch mal lustig und schafft frischen, originären Content. Genau dafür lieben die User Snapchat.

3. Snapchats Kooperationen mit Spotify und Co.

Ein cleverer Schachzug von Snapchat: Es sucht sich Verbündete. So hat sich der Dienst beispielsweise mit Spotify verknüpft. Ob einzelner Song, Playlist, Podcast oder ganzes Album – diese lassen sich ganz einfach in Snapchat integrieren. Die EmpfängerInnen solcher Musik-Snaps können mit wenigen Klicks auf Spotify beim entsprechenden Inhalt landen.

Aktuell launchte der Dienst in Kooperation mit der WHO außerdem zwei AR-Lenses zum Thema Social Distancing: Mithilfe der einen Lense wird über die Wichtigkeit von Hygienemaßnahmen aufgeklärt, die andere Lense hilft dabei, den nötigen physischen Abstand zu Mitmenschen zu halten. Bei Letzterem wird ein virtueller Kreis um die NutzerInnen erzeugt, der den Abstand zu anderen bestimmt.

Eine weitere spannende Kooperation ergab sich zwischen Snapchat und Spin-Art-Künstler Damien Hirst: Mithilfe einer speziellen Lense kann jeder sein eigenes Spin Painting virtuell entstehen lassen. Dem sozialen Netzwerk gelingt es, seine NutzerInnen mit diesem Projekt wieder einmal mehr kreativ werden zu lassen. Gleichzeitig werden die User so wieder ein Stück länger in der App gehalten.

4. Snapchats neue Märkte

Snapchat erschließt sich immer weitere Use Cases und mauserte sich zuletzt zum Beispiel zu einem Recruiting-Kanal für das Employer Branding von Unternehmen. ArbeitgeberInnen können sich hier unglaublich authentisch zeigen und die Vergänglichkeit der Snaps sorgt bei potentiellen ArbeitnehmerInnen für eine hohe Aufmerksamkeit. Die Techniker Krankenkasse nutzt Snapchat beispielsweise seit 2017 für ihre Suche nach Azubis.

Auch die immer beliebter werdenden Snap Originals, Eigenproduktionen von Snapchat, sind ein Grund dafür, warum wir die App 2020 auf dem Schirm haben sollten. Die mittlerweile 60 Shows erreichen monatlich ca. 10 Millionen ZuschauerInnen – und bieten Marketern eine neue Werbemöglichkeit, u.a. mit sogenannten First Commercials. Bei dieser Marketing-Option handelt es sich um den ersten Werbeslot, in dem nach Kauf für 24 Stunden die eigene Anzeige non-skippable ausgespielt wird.

Auch mit Spielen hat Snapchat einen guten Weg gefunden, um NutzerInnen ein wenig länger in der Plattform zu halten. Den Milliardenmarkt Gaming in Form von Minispielen für Snapchat zu nutzen, ist eine weitere Möglichkeit, sich gegen die Konkurrenz abzusetzen.

5. Snapchats Wandel zum Content Tool

Das Story-Format hat Snapchat einst groß gemacht. Dieser Innovationsgeist setzt sich mit dem neuen Snapkit fort. Mit dieser Entwicklerplattform kann die Snapchat-Kamera in Drittanbieter-Apps eingebettet werden. Diese Stories in externen Apps steigern wiederum die potentielle Reichweite von Snapchat selbst enorm.

Bereits bestätigte PartnerInnen sind die Musikvideo-App Triller und die Dating-App Hily. Tinder und Houseparty könnten in Zukunft folgen. Dadurch würde das Snapkit noch einmal mehr Aufmerksamkeit erhalten.

Außerdem neu gelauncht wurde das Vertical-Video-Conversion-Tool: Inhalte von Werbetreibenden sollten sich unbedingt in die vertikale Optik der Plattform einfügen, um bei der Zielgruppe eine hohe Akzeptanz zu erzielen – sie werden aber häufig noch horizontal produziert; hier nimmt das Tool den Werbetreibenden eine Menge Konvertierungsarbeit ab.

6. Snapchats AR-Lenses

Augmented Reality ist das Buzzword in Verbindung mit Snapchat. Marken wie BMW oder Adidas erzielen mit AR-Effekten gigantische Reichweiten; User experimentieren bereits jeden Tag für insgesamt 250 Millionen Minuten damit – und tragen schon längst nicht mehr nur niedliche Katzenohren auf dem Kopf. Die App kann sogar bekannte Gebäude mit 3D-Geo-Daten verarbeiten.

Eigene Lenses zu kreieren, kann eine Kampagne zu einem viralen Hit werden lassen und mit dem neu gelaunchten Lense-Web-Builder von Snapchat geht das Selbsterstellen nun noch einfacher und zügiger.

Fazit

Immer wieder sah sich das Unternehmen Snap mit komplizierten Veränderungen und schwierigen Situationen konfrontiert, auf die reagiert werden musste. Dadurch sind sie womöglich besser als andere darauf vorbereitet, auch die momentanen Herausforderungen zu meistern.

Doch Snapchat wird es in Zukunft nicht leicht haben. Selbst wenn es innovative Umsetzungen auf den Markt bringt, ist es dadurch nicht vor Nachahmung geschützt. Das zeigt sich in kleinerem Maße aktuell daran, dass Instagram sich selbst löschende Nachrichten testet – wohl eines der beliebtesten Features, mit dem Snapchat einst seine Bekanntheit erlangte.

Kann das soziale Netzwerk WerbekundInnen dauerhaft überzeugen, ihr Geld auf der Plattform auszugeben? Marketer werden sich – gerade in der jetzigen Krise – ganz genau überlegen, wen sie als Werbeplattform nutzen.

Aber immerhin: Derzeit halten sich die NutzerInnen ca. ein Fünftel länger bei Snapchat auf als noch vor wenigen Monaten. Hier könnte also ein Vorteil Snapchats schlummern: Die unterhaltsamen Filter und AR-Lenses könnten die Basis für Einkaufserlebnisse bieten, bei welchen die User Produkte virtuell anprobieren und testen können. Die App hat bereits viel bewegt im Social-Media-Feld und das schafft sie bestimmt auch die kommenden Jahre.

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