Werbeanzeigen übersetzen: 5 Tipps für fremdsprachliche Qualität im Marketing

Alle Anzeigen für eure neue Kampagne stehen, die Formulierung stimmt auch, aber ein To Do fehlt: Um die Kampagne international schalten zu können, müssen die Anzeigentexte übersetzt werden. Ja, ihr sprecht die Zielsprache. Und ja, ihr sprecht sie gut. Aber wie lässt sich garantieren, dass auch MuttersprachlerInnen in euren Texten keine Fehler finden? Und was passiert, wenn das Wörterbuch einmal keine Antwort parat hat? No worries, we’ve got your back: Dieser Artikel sorgt für stressfreie Übersetzungssessions und hochwertige Ergebnisse.

Übersetzungstipps für Account Manager

Zielgruppenanalyse, Kampagnenerstellung, Budgetmanagement, Qualitätskontrolle und Kundenkommunikation: Als Account Manager bietet ihr ein beachtliches Skill Set auf. Auch wenn Übersetzer-Fähigkeiten nicht zwingend dazuzählen, bringt ihr die besten Voraussetzungen mit, um fehlerfreie Übersetzungen zu produzieren. Ihr kennt eure Zielgruppe, habt ein Verständnis für wichtige Keywords und wisst um den Effekt von Calls to Action. Diese Aspekte bestimmten letztlich, welche Formulierungen, welche Anrede und welcher Stil sich für eine Anzeige eignen und sollten auch auf übersetzte Anzeigentexte übertragen werden.

Aus eurer Erfahrung wisst ihr, dass Sprache zu gewissen Handlungen führen kann und dass bereits feine Nuancen zuweilen den Unterschied machen zwischen einer erfolgreichen und einer irritierenden Anzeige. Behaltet diesen scharfsinnigen Blick auf den performativen Aspekt von Sprache bei, wenn ihr übersetzt. Versetzt euch in NutzerInnen aus dem Zielland hinein, denkt in Inhalten und behaltet im Hinterkopf, dass verschiedene Sprachsysteme unterschiedlich funktionieren, was exakte Übertragungen unmöglich macht. Die folgenden fünf Tipps können euch dabei helfen, die Qualität eurer Übersetzungen zu verbessern und euer Sprachgefühl weiter zu trainieren. Let’s do this!

1.    Vergesst das 1:1-Prinzip

Beispiel

Original: Informieren Sie sich über unser Angebot!

Übersetzung 1: Inform yourself about our offer!

Übersetzung 2: Learn more/find out more about our offer!

Gerade, wenn deutsche Wörter eine anscheinend eindeutige anderssprachige Entsprechung haben, ist die Übersetzung schnell erledigt. Leider ist das noch kein Garant für Richtigkeit. Einige erinnern sich vielleicht an die „False Friends“ aus dem Englischunterricht, also Wörter, die nur scheinbar eine sehr ähnliche Übersetzung im Englischen haben (z. B. bekommen ≠ become). Bei unserem Beispiel ist das ähnlich – Übersetzung 1 stimmt zwar grammatikalisch, jedoch wird „inform yourself“ im Englischen heute nicht mehr verwendet. Übersetzung 2 dagegen ist eines von mehreren geläufigen Pendants zum deutschen Original.

Wörtliche Übersetzungen ohne Rücksicht auf die Konventionen der Zielsprache sorgen häufig dafür, dass MuttersprachlerInnen einen Moment lang irritiert sind. Das ist so, also würde jemand sagen „Ich gehe heute zu dem Einkauf“ anstatt „Ich gehe heute einkaufen“. Um diese Aussage zu erfassen, braucht man einen Moment länger, als wenn sie im eigenen Sprachverständnis konventionell formuliert worden wäre. Gerade im Werbeumfeld, wo Anzeigen von NutzerInnen im Bruchteil einer Sekunde erfasst werden müssen, führt auch die kürzeste Irritation dazu, dass der Inhalt nicht verstanden und in der Folge weitergescrollt wird.

Der Tipp: Strebt keine „Kopie“ eurer Anzeige in die Zielsprache an, sondern eine inhaltliche und stilistische Übertragung. Verlasst euch auf euer Sprachgefühl und wählt geläufige Ausdrücke, auch wenn sie keine exakte Entsprechung zum Original sind. Gebt auch komplette Wendungen in verschiedene Online-Wörterbücher ein, wenn ihr euch bei deren Übersetzung unsicher seid.

2.    Lernt Wörterbücher lieben

Beispiel

Original: Schützen Sie sich vor kalter Zugluft.

Übersetzung 1: Protect yourself against cold train air.

Übersetzung 2: Protect yourself against cold draughts (BE) / drafts (AE).

Ja, dieses Beispiel kommt recht eindeutig daher – Übersetzung 1 verfehlt eindeutig die Bedeutung, während Übersetzung 2 auf der richtigen Spur ist. Dennoch sollten auch diejenigen unter euch mit fortgeschrittenen Sprachkenntnissen nicht unterschätzen, wie hilfreich ein Blick ins Wörterbuch sein kann.

Gerade bei Worten wie „Zug“, für die in der Zielsprache je nach Bedeutung viele Übersetzungen zur Verfügung stehen, gibt das Wörterbuch Aufschluss über deren genaue Verwendung. Eine schnelle Überprüfung ist Gold wert, wenn die Alternative darin besteht, NutzerInnen mit einer ernst gemeinten Werbebotschaft bestenfalls zu verwirren und schlimmstenfalls zu belustigen.

Eintrag zur Übersetzungsanfrage von “Zug” im Online-Wörterbuch dict.cc

Der Tipp: Speichert ein Online-Wörterbuch (z. B. dict.cc, Leo und PONS) in euren Lesezeichen ab und kommt immer wieder darauf zurück – sogar, wenn ihr meint, eine Vokabel gut zu kennen. So lassen sich Werbe-Fehltritte zumindest auf der Übersetzungsebene abwenden.

3.    Nutzt euer Google-Fu

Beispiel

Original: Profitieren Sie von Experten-Kontakten.

Übersetzung 1: Profit from expert contacts.

Übersetzung 2: Benefit from expert contacts.

Was passiert nun, wenn das Wörterbuch verschiedene Übersetzungsoptionen für ein Wort angibt, ohne die Verwendung zu spezifizieren – vielleicht, weil der Unterschied hier nur in Nuancen besteht?

Gute Google-Skills (oder auch mittelmäßige) können in einem solchen Fall die Lösung sein. Formuliert  eure Frage – hier wäre das „profit from or benefit from“ bzw. „profit from benefit from difference“ – und schaut, was die Google-Ergebnisse bereithalten. Hilfreich sind vor allem Einträge in Foren, wo Nicht-MuttersprachlerInnen mit MuttersprachlerInnen über detailliertere sprachliche Fragen diskutieren. So auch in unserem Beispiel:

Foreneintrag zur Frage: “What is the difference between ‘to benefit from’ and ‘to profit from’?” bei English Language Learners Stack Exchange

Es stellt sich also konkret heraus, dass „profit“ häufig im Kontext mit Geld verwendet wird und eine negative Konnotation bezüglich Bereicherung oder gar Ausbeutung haben kann. „Benefit“ dagegen hängt keine problematische Konnotation an, weshalb es für den sozialen Kontext des Beispielsatzes besser geeignet ist. So wäre Übersetzung 2 Übersetzung 1 in diesem Falle vorzuziehen.

Der Tipp: Stellt Google konkrete Übersetzungsfragen, wenn ihr euch bei der Vokabelwahl unsicher seid und lest den einen oder anderen Foreneintrag zum Thema (vor allem dann, wenn MuttersprachlerInnen darin aus Erfahrung sprechen).

4.    Habt Mut zum Komplettaustausch

Beispiel

Original: Sie werden investitionsstarke internationale Aussteller treffen.

Übersetzung 1: You will meet international exhibitors with investment strength.

Übersetzung 2: You will meet international exhibitors with potential.

Unübersetzbare Wendungen sind etwas, worauf man bei jeglichen Übersetzungsarbeiten gern verzichten würde. Aber in der Werbung haben wir die Freiheit, dieses Thema locker anzugehen: Hier zählen Aussage und Stil. Einzelne Wörter können also getrost ausgetauscht werden, wenn es dafür keine Entsprechung in der Zielsprache gibt (s. Übersetzung 2).

Achtung: Damit ist natürlich nicht gemeint, sich auf Wortneuschöpfungen à la „investment strength“ aus Übersetzung 1 einzulassen. Stattdessen sollte man gedanklich einen Schritt zurückgehen und überlegen, welche Bedeutungen dem Adjektiv „investitionsstark“ innewohnen: finanzielle Ressourcen, Verlässlichkeit und geschäftliches Potenzial. Verallgemeinernd passt hier also die Übersetzung „with potential“.

Diese inhaltliche Aufgliederung schwieriger Vokabeln funktioniert sowohl vom Detail zum Ganzen wie im eben beschriebenen Beispiel, als auch andersherum. So könnte man „mit Fingerspitzengefühl“ als „tactfully“ übersetzen, wenn auch Takt nur ein Aspekt von Fingerspitzengefühl ist. Wichtig ist, dass die für den Kontext relevante Bedeutung von MuttersprachlerInnen erfasst werden kann, ohne dass sprachliche Hürden dies erschweren.

Der Tipp: Überlegt euch bei unübersetzbaren Wendungen, wie man deren Bedeutung umschreiben könnte und übersetzt dann einen treffenden Teil dieser Umschreibung in die Zielsprache.

5.    Kennt euer Zielpublikum

Beispiel

Original: Seien auch Sie im Juni dabei.

Übersetzung 1: Be there with us in June.

Übersetzung 2: Get ready to join us in June!

Wir Deutschen sind für unsere Korrektheit und den sprichwörtlichen Stock im Allerwertesten international bekannt. Ob an diesem Vorurteil etwas Wahres dran ist oder nicht – unsere Schriftsprache zeichnet sich zuweilen durch kühle, gestelzte Formulierungen aus. Dementsprechend förmlich wirken manchmal auch unsere Anzeigen, wie es Übersetzung 1 demonstriert.

Doch vor allem, wenn wir uns an ein Publikum aus dem englischen Sprachraum wenden, müssen wir neben grammatikalischen, lexikalischen und semantischen Regeln auch gesellschaftliche Konventionen in unsere Überlegungen einbeziehen. Da z. B. in den USA im geschäftlichen Kontext teilweise flapsig kommuniziert wird, darf die Übersetzung auch entsprechend ausfallen. Das Ganze sollte sich dabei in taktvollen Grenzen halten und darf vor allem auf CTAs angewandt werden.

Werbung muss unsere Emotionen wecken – und das geht um einiges leichter, wenn wir auf eine Art und Weise angesprochen werden, die wir vom eigenen Umfeld gewohnt sind. Daher sollte man, unabhängig von der Zielsprache, immer auch das Zielland im Hinterkopf behalten; vor allem, wenn die Zielsprache im Zielland nicht vorranging gesprochen wird (z. B. bei englischsprachigen Anzeigen, die in Frankreich ausgespielt werden). Grundsätzlich hilft es immer, sich in die jeweiligen NutzerInnen hineinzuversetzen und dabei zu überlegen, welche sprachliche Kompetenz erwartbar und welcher Stil angemessen ist.

Der Tipp: Bedenkt vor allem bei der Übersetzung von CTA und Headlines, wer eure Zielgruppe ist und wie deren sprachliche Konventionen aussehen. Orientiert euch an diesem Kommunikationsstil, um NutzerInnen emotional und ohne sprachliche Hürden anzusprechen.

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Martin
Martin
vor 2 Jahren

Wenn man nicht Muttersprachler der Zielsprache ist und ein sehr gutes Sprachgefühl hat, Finger weg von Übersetzungen. Dies gilt unter Übersetzern als handwerklicher Fehler.
Wer auf Deutsch Werbetexte macht sollte ja sprachlich auch auf gehobenen Niveau arbeiten.