SEO ist tot – jetzt aber wirklich. Oder?
Ist mit ChatGPT und den AI Overviews bei Google das Ende von SEO gekommen? Die Antwort fällt einerseits leicht, andererseits etwas schwieriger aus.
SEO ist tot. Mal wieder. Wohl kaum einen Satz habe ich in den letzten Jahren häufiger gelesen. Vielleicht mit Ausnahme der Frage, wann denn endlich GTA 6 erscheint. Aber das ist ein anderes Thema. Ist denn SEO jetzt wirklich tot? Also so richtig? Denn: täglich gibt es Neuigkeiten über irgendwelche neuen Möglichkeiten, bei Google zu suchen und Antworten zu finden: AI Overviews, AI Mode und jetzt auch noch ein Web Guide, der mir passend zur Suchanfrage die Top-Suchergebnisse clustert.
Darüber hinaus gibt es natürlich noch ChatGPT, Gemini, Perplexity und Co. Alleine ChatGPT verarbeitet jeden Tag 2,5 Milliarden Prompts. Damit ist man zwar noch ein Stückchen von den rund 13,5 Milliarden täglichen Suchanfragen entfernt, die Google bearbeitet. Aber dennoch ist das schon eine Hausnummer.
Ist SEO mit all diesen KI-Tools und KI-Antworten nun tot? Naja… es kommt darauf an (und ja, damit landet ein Euro im SEO-Phrasenschwein). Zur Betrachtung gehören mehrere Gesichtspunkte. Die beiden größten sind dabei: (unsere) Arbeit als SEOs und die Bedeutung der typischen SEO-KPIs als solche.
Sind SEO-Maßnahmen 2025 eigentlich noch wichtig?
Bei all den News und Neuerungen, die täglich bekannt werden, stellt sich zwangsläufig die Frage: Brauchen wir eigentlich noch SEO? Und die Antwort darauf ist tatsächlich sehr eindeutig: Ja, definitiv. Wenn wir einmal im Google-Kosmos bleiben, ist auch die Antwort von Google darauf sehr eindeutig: „AI on Google is just SEO“.
Die Aussage wurde so auf dem jüngsten Search Central Live von Google höchst selbst in Form von Gary Illyes getroffen. Alle KI-Features in der Google-Suche nutzen exakt die gleichen Prozesse wie die normalen Suchergebnisse. Google selbst nennt das weiterhin SEO und braucht keine neue Abkürzung wie GEO (für Generative Engine Optimization).
KI ist nur eine Änderung von vielen für SEOs
Das bedeutet: hochwertiger Content, die Befriedigung der Suchintention, EEAT, die Möglichkeit der Indexierbarkeit und alle anderen bekannten SEO-Faktoren sind weiterhin hoch relevant – für Google und damit in einem zweiten Schritt natürlich auch für ChatGPT und Co. Denn bei vielen Prompts läuft im Hintergrund nichts anderes als eine Google-Suche (Gemini) oder eine Bing-Suche (ChatGPT) ab. Es greifen also ganz automatisch auch hier die ganzen SEO-Faktoren.
Natürlich ändert sich aber das Feld bzw. es wird immer breiter und sicherlich verschieben sich einige Gewichtungen der Rankingfaktoren. Solche Änderungen sind in der Google-Suche aber nichts Neues. Wie groß war die Angst und der Aufschrei, als es plötzlich einen Mobile First-Index bei Google gab? Die strukturierten Daten wurden nach und nach auch immer weiter ausgebaut. Und dass Google große Themen in immer kleinere Entitäten aufspaltet, ist jetzt auch nicht neu. Und genauso ähnlich dürften auch all die LLMs arbeiten: große Themen in kleine Entitäten aufbrechen und zwischen ihnen Zusammenhänge herstellen. Deshalb wird es auch immer wichtiger für SEOs, im Blick zu behalten, was fernab der eigenen Website stattfindet.
The Rise of the Content Marketing
Externe Signale zur eigenen Marke auf anderen Websites waren schon immer wichtig und werden es wohl auch noch eine ganze Weile bleiben. Externe Autorität und Vertrauenswürdigkeit durch positive Signale werden auch weiterhin relevant bleiben. Hier wird dann eher die Herausforderung sein, abzugrenzen, wo denn SEO endet und PR samt Content Marketing los geht und wo sich beide Bereiche super ergänzen können.
An der klassischen SEO-Arbeit an sich ändert sich also nicht viel. Die Schwerpunkte verschieben sich. Das ist in unserer Branche aber normal. Hochwertige Inhalte für Menschen (!) sind weiterhin der zentrale Dreh- und Angelpunkt. Sie sollten nun auch so aufbereitet sein, dass sie besser durch LLMs zitierbar sind. Gute Inhalte, die einen Mehrwert bieten und sich an die Bedürfnisse ihrer Leser*innen orientieren, sind das häufig jedoch auch schon von Haus aus.
Aber was ist mit dem SEO-Traffic?
Während unsere SEO-Arbeit in den Grundfesten also erhalten bleibt, treibt die Branche jedoch eine andere Frage um: Was ist mit dem Traffic? Und ja, da sieht es nicht ganz so rosig aus. Google wird zwar nicht müde zu betonen, dass beispielsweise durch die AI Overviews Webmaster nur profitieren. Wirklich erkennbar ist das mit Blick auf die klassischen SEO-KPIs jedoch nicht. Fast durchweg sinkt der Traffic seit der Einführung der AI Overviews. Die Klickraten auf die Quellen in den AI Overviews sind sehr überschaubar. Gleichzeitig sinkt auch die Klickrate auf das erste organische Ergebnis, weil es durch AI Overviews sehr stark nach unten rutscht.
Alte SEO-Herausforderungen im neuen Gewand
Wirklich neu ist das auch nicht. Als Google die Featured Snippets einführte – also schon das direkte Beantworten von Fragen oberhalb des ersten organischen Ergebnisses – ist der Traffic spürbar zurückgegangen. Denn auch hier stellte sich bereits die Frage: Wenn ich die Antwort auf meine Suchanfrage bereits direkt bei Google erhalte, warum sollte ich dann noch auf die Landingpage als solche klicken? Die AI Overviews sind nun quasi eine etwas größere Weiterentwicklung der Featured Snippets. Ich bekomme jetzt nur sehr umfangreiche Antworten auf meine Fragen. ChatGPT und Co. treiben das Ganze durch ihre konversationelle Herangehensweise noch weiter auf die Spitze. Warum sollte ich hier denn auf irgendwelche Links klicken, wo ich mir die Antworten von ChatGPT nochmal im Detail durchlesen kann?
Weniger Traffic, aber dafür besserer Traffic?
Dadurch kann nun je nach Branche schon spürbar organischer Traffic wegfallen. Gerade reine Content Publisher können das sehr zu spüren bekommen. Bei anderen Geschäftsmodellen könnte man Googles Argumentation durchaus verstehen, dass jetzt vielleicht weniger Traffic auf die Websites kommt, dieser aber höherwertig ist, weil die Nutzer*innen schon deutlich weiter in ihrer Customer Journey sind. Denn AI Overviews und Co. nehmen vor allem viele Suchanfragen am Anfang der Customer Journey weg. Wenn hier jedoch schon die ganze Beratung zu einem Produkt stattfindet und die Nutzer*innen danach gezielt eine Google-Suche starten, dann ist der organische Traffic zwar geringer, die Conversionrate jedoch ungleich größer.
Und vermutlich werden wir 2024 den Höhepunkt des organischen Traffics erlebt haben. Denn immer mehr Traffic bleibt einfach direkt bei Google oder den KI-Tools hängen. An sich ist das auch keine neue Entwicklung. Google verstand sich schon seit vielen Jahren als Antwort-Maschine und wollte immer mehr Fragen direkt selbst beantworten. Daher stieg der Anteil an sogenannten Zero-Click-Suchen (Suchanfragen ohne Klick auf ein organisches Ergebnis) stetig an. Diese Entwicklung hat in den letzten Monaten jedoch einen ganz schönen Sprung hingelegt.
SEO war vermutlich nie wichtiger
Diese Entwicklungen zeigen: SEO ist nicht tot. Aber die Rolle von SEO als Ganzes wird sich ändern. Die Metrik „organische Klicks“ wird vermutlich immer unbedeutender werden. Das heißt jedoch nicht, dass SEO als Ganzes unbedeutend wird. Wie eingangs erwähnt, ist SEO notwendig, um überhaupt in den ganzen KI-Antworten aufzutauchen. Ohne Keywords, ohne Verständnis der Zielgruppe, ohne hochwertige Inhalte und ohne die passenden technischen Voraussetzungen wird das schlichtweg nichts. Denn auch LLMs müssen herunterbrechen, was wir eigentlich von ihnen wollen. Sie müssen Kontext herstellen und auf Basis von Signalen entscheiden, welche Quellen sie zur Beantwortung meiner Fragen heranziehen.
Der Betrachtungspunkt verschiebt sich also. Mit Hilfe von SEO sollte die eigene Markenbekanntheit und -sichtbarkeit gestärkt werden, damit man von den zahlreichen LLMs auch als relevant und wichtig angesehen und auch ausgespielt wird. Es geht halt einfach nicht mehr nur um Klicks, sondern um das große Ganze.
Dafür ist SEO essenziell. Es wird jedoch vermutlich nicht mehr direkt messbar in den SEO-Traffic einlaufen. Das macht die Messbarkeit von SEO erheblich schwieriger und damit auch die Argumentation für SEO-Budgets im Marketingmix. Doch SEO hat schon immer und wird auch künftig alle Traffic-Kanäle stärken und ist für diese eine essenzielle Grundlage. SEO gehört einfach dazu, ob es jetzt direkt messbar ist oder nicht. Denn ohne SEO auch keine Auffindbarkeit in den KI-Suchen.
Hey [Lieblings-KI], fasse mir diesen Text zusammen
Was heißt das jetzt also? SEO als Tätigkeitsfeld ist nicht tot. SEO ändert sich, wie es auch schon die ganzen letzten Jahre der Fall war. Die SEO-Arbeit ist die Grundlage, um eine Relevanz für die ganzen LLMs aufzubauen und überhaupt die Chance zu haben, dort mit seiner eigenen Marke vertreten zu sein.
Aber zur Wahrheit gehört auch: die für uns relevanten KPIs ändern sich und vermutlich wird der direkt messbare SEO-Traffic immer weniger relevant. Einfach, weil SEO immer mehr auch indirekt in die anderen Kanäle reinfließt. Das macht die Argumentation für SEO schwieriger. Denn warum sollte man Zeit und Geld in etwas investieren, dessen Auswirkungen man nicht (mehr) direkt oder nur teilweise messen kann? Das wird unsere neue Realität. Das ist jedoch kein Weltuntergang und kein Ende von SEO.