Wie KI Workslop dein Ansehen im Büro ruiniert | Projecter Weekly #35 2025

Zusammenfassen mit ChatGPT

Rekorde trotz Krise: Der deutsche Online-Werbemarkt legt 2025 nochmal kräftig zu. Nvidia will 100 Milliarden in OpenAI investieren, TikTok ist (endlich) auf der Zielgeraden seines US-Deals – und wir haben gelernt, warum man KI-Content besser nicht als „Produktivität” tarnen sollte. Stichwort: Workslop. 🫠

Diese Woche erfahrt ihr außerdem …

  🎧  Mit welchen Methoden die Rohgang aggressiv wächst,

  🛒  Wie der TikTok Shop in Deutschland läuft,

  🎥  Von Googles und Amazons Wettlauf ins  „agentische Web“.

Entwicklungen & Trends

Der Online-Werbemarkt 2025 wächst weiter – mit Video, Audio und Programmatic

Starten wir mit den guten Nachrichten (zumindest aus unserer Digitalperspektive): Laut einer Prognose des BVDW (Bundesverband Digitale Wirtschaft) trotzt der deutsche Online-Werbemarkt auch 2025 allen Konjunktursorgen und wächst mit satten 8,5 % auf ein neues Rekordniveau von rund 7,5 Milliarden Euro.

Besonders gut stehen Online-Videos da, die jetzt fast die Hälfte aller digitalen Werbe-Spendings ausmachen und mit 3,6 Milliarden Euro Umsatz klar die Trends setzen. Programmatic dominiert weiterhin: Über drei Viertel der Budgets werden automatisiert ausgespielt – das sind insgesamt 5,8 Milliarden Euro. Auch digitale Audiowerbung wächst weiterhin stabil, sogar überproportional im Podcast-Bereich

Das ist angesichts des anhaltenden Podcast-Trends nicht weiter überraschend, aber erfreulich, da sich aus unserer Sicht damit eine größere Formatvielfalt erschließt.

Die Umsätze für digitale Audiowerbung wachsen stetig (Quelle: BVDW).

Wie Nvidia mit OpenAI seine eigene Nachfrage schafft

Nvidia will mit einer Investition von 100 Milliarden US-Dollar bei OpenAI einsteigen (und damit zum größten Anteilseigner werden) – und verfolgt dabei eine Doppelstrategie. Das Geld soll OpenAI ermöglichen, neue Rechenzentren aufzubauen, die selbstverständlich mit Nvidia-Chips betrieben werden. Für jede Milliarde, die Nvidia investiert, winken Aufträge für ein Vielfaches an eigener Hardware zurück.

Ähnlich agiert Nvidia bereits bei „Neo-Cloud“-Anbietern wie Coreweave, die ihre Kapazitäten an Microsoft & Co. vermieten – und dabei erneut auf Nvidia setzen. Das Vorgehen verstärkt Nvidias ohnehin dominante Stellung im KI-Ökosystem und sorgt für steigenden Druck auf Wettbewerber wie Oracle oder Meta, massiv nachzuziehen. Während Anleger jubeln, stehen Wettbewerbshüter vor einem Dilemma: Der Schulterschluss zwischen den Marktführern droht kleineren Anbietern den Zugang zu blockieren – doch unter Präsident Trump sind Eingriffe aus Washington wenig wahrscheinlich.

Google und Amazon: Wettlauf ins „agentische Web“

Es macht fast den Eindruck, als ob Google das Feature schon in der Schublade hatte und nur auf das Urteil wartete (wir haben berichtet), dass es seinen Chrome-Browser nicht verkaufen muss: Zack, kommt die hauseigene KI Gemini ins Spiel und soll in Chrome mit Hilfe von Agenten nun auch euer Leben erleichtern, zum Beispiel beim Einkaufen.

Passend dazu gibt es das sogenannte „Agents Payment Protocol“ als Basis für die finanzielle Infrastruktur. Paypal und Mastercard sind dabei, Visa, Stripe und Amazon nicht. Amazon aus gutem Grund, denn die bauen an ihrer eigenen agentischen Umgebung und präsentierten auf ihrem Accelerate Event KI-Agenten für Händler. Creative Studio erstellt komplette WerbekampagnenSellers Assistant überwacht Accounts und setzt Lösungen direkt um.

Wir werden diese Entwicklungen im Auge behalten, testen und weiter berichten. Aus Sicht der Nutzer*innen ist der konkrete Sinn der Agenten oft noch unklar (bzw. die Ergebnisse eher lausig), aber wie in jeder Innovationsfrühphase ist auch klar, dass es erstmal um Marktanteile und Technologievorsprung geht. Eine gute Zusammenfassung und Einordnung der Agents-Offensive gibt es bei OMR.

Jimmy Kimmel is back, und das Internet hat geholfen

Diese Geschichte dürfte wohl an nahezu niemandem vorbeigegangen sein, der in den letzten Tagen soziale Medien genutzt hat: Der amerikanische Late-Night-Host Jimmy Kimmel wurde Ende vergangener Woche von seinem Sender ABC (der zu Disney gehört) gecancelt, nachdem er sich im Kontext des Attentats auf Charlie Kirk kritisch zu Trump und dessen MAGA-Bewegung geäußert hatte.

Die Absetzung seiner Show erfolgte auf Druck der Trump-Regierung und löste einen weltweiten Proteststurm aus. Ironischerweise trugen also genau die Netzwerke, die derzeit alles daran setzen, gute Stimmung bei der US-Regierung zu machen, stark dazu bei, dass Trump sein Ziel diesmal nicht erreichte. Unter dem Eindruck zahlreicher Abokündigungen von Disney+ und einem temporär abstürzenden Aktienkurs ruderte Disney zurück und Kimmel ging gestern wieder auf Sendung.

So groß sind die Effekte von Online-Protesten: Das Absetzen von Kimmy Kimmels Show sorgte u. a. für massenhafte Abkokündigungen von Disney+.

ChatGPT soll sicherer für Jugendliche werden

Nachdem ChatGPT zuletzt für negative (und sehr traurige) Schlagzeilen sorgte, da es beim Selbstmord eines Jugendlichen eine Rolle gespielt hatte, kündigte OpenAI nun Maßnahmen zum Jugendschutz an. Diese zielen u. a. darauf ab, Eltern zu benachrichtigen, wenn eine psychologische Notlage erkannt wird.

Wie immer sind solche Altersgrenzen und Account-Einschränkungen durchaus umgehbar, wir halten das aber trotzdem für einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Im Minimum könnte es die Sensibilität bei Eltern erhöhen, sich mit der KI-Nutzung ihrer Kinder auseinanderzusetzen.

Wenn Kolleg*innen mit KI Produktivität vortäuschen

Wer kennt’s nicht: Man liest einen längeren Text, ein Paper oder eine Email und bekommt nach ein paar Zeilen ein Gefühl wie Watte im Gehirn. Es geht schon grob um das erwartete Thema, aber irgendwie passt nichts so richtig zusammen, alles bleibt allgemein und am Ende kann man mit dem Geschriebenen nichts anfangen. Voilà: Der Verdacht liegt (sehr) nahe, dass der oder die Verfasserin KI zur Erstellung genutzt hat, um sich Zeit zu sparen. Harvard Business Review hat es in einem großartigen Artikel auf den Punkt gebracht und Workslop getauft:

 Workslop: AI generated work content that masquerades as good work, but lacks the substance to meaningfully advance a given task.“

Neben vielen supersinnvollen Einsatzmöglichkeiten von KI im Bürokontext ist das quasi die dunkle Seite der Macht – von deren Anwendung wir dringend abraten. Zwar kürzt man sich im Zweifel einen längeren Weg ab, zieht sich aber unweigerlich den Unmut von Kolleg*innen zu, deren Produktivität nämlich in der Folge sinkt, weil sie nacharbeiten und das klebrige Gefühl im Kopf wieder loswerden müssen. HBR hat dazu sogar die passende Studie parat, die den Ansehensverlust beziffert und größte Einbußen bei der wahrgenommenen Kreativität, Fähigkeit und Verlässlichkeit bescheinigt. Zudem zieht jeder Workslop-Vorfall der Studie zufolge als „Workslop Tax“ bezifferte Kosten nach sich: 

„Employees reported spending an average of one hour and 56 minutes dealing with each instance of workslop. Based on participants’ estimates of time spent, as well as on their self-reported salary, we find that these workslop incidents carry an invisible tax of $186 per month. For an organization of 10,000 workers, given the estimated prevalence of workslop (41 %), this yields over $9 million per year in lost productivity.“

Social Media

Wie steht es um die Zukunft TikToks in den USA?

CNN Business teilt neue Details zum bevorstehenden TikTok-Deal. Hier schnelle Antworten auf die wichtigsten Fragen:

  1. Was passiert mit dem Algorithmus?
    Das Herzstück TikToks, der Algorithmus, soll mit Abschluss des Deals in den USA von der Firma Oracle betrieben und überwacht werden. Laut US-Regierung soll das für mehr nationale Sicherheit sorgen. ByteDance überträgt Algorithmus-Codes an die neuen Eigentümer, die diesen überprüfen und mit den Daten von US-Nutzer*innen neu trainieren.
  2. Welche Rolle spielt ByteDance?
    Nach dem Deal wird die chinesische Muttergesellschaft von TikTok nur noch einen Minderheitsanteil von 20 % am US-Geschäft haben.
  3. Wer wird der Eigentümer?
    Die US-Operationen von TikTok werden an eine neue, in den USA ansässige Firma übertragen, geleitet von einem mehrheitlich amerikanischen Vorstand.
  4. Was passiert mit der App?
    Es soll eine US-Version der App geben, die US-Nutzer*innen dann herunterladen und nutzen können. Netzpolitik-Aktivist Markus Beckedahl sieht darin  „die Vollendung der medialen Gleichschaltung der USA“.
  5. Wie ist der aktuelle Status des Deals?
    Das Weiße Haus blickt zuversichtlich auf einen Abschluss des Deals.
    Präsident Trump wird ihn voraussichtlich per Executive Order genehmigen und die Frist für das Verkaufsgesetz verlängern, um die Formalitäten zu klären. Eine formelle Genehmigung aus China steht allerdings noch aus.

Blicken wir nach Deutschland: TikToks erster Shop Report

TikTok hat erstmals einen Shop Report für Deutschland veröffentlicht und gibt darin Einblicke in die Shopping-Gewohnheiten der Community seit dem Start von TikTok Shop im März dieses Jahres.

Inzwischen sind laut dem Unternehmen über 14.000 Händler aktiv, die Zahl der Bestellungen wächst im Schnitt um 43 % pro Monat, besonders durch das Format der Shoppable Videos. Der vollständige Report bietet zudem Einblicke in aktuelle Trends und Entwicklungen auf der Plattform.

(Quelle: TikTok Newsroom)

Das sind die Top Creator 2025 – kennt ihr sie alle?

Forbes hat erstmals die „Top Creator 2025“ für den DACH-Raum veröffentlicht und zeigt damit, wer aktuell die deutschsprachige Social-Media-Landschaft prägt – von Lisa-Marie Schiffner bis Jonas Ems. Die Auswahl basiert nicht nur auf Daten wie der Reichweite, sondern u. a. auch auf einem Community-Voting.

Relativ egal, wer dabei ist: Für Marken bedeutet das Thema insgesamt:, dass Creator Marketing längst nicht mehr nur Beiwerk ist, sondern ein eigenes, ausgewachsenes Business und fester Bestandteil der Kommunikationsstrategien zahlreicher großer Marken und Unternehmen sowie der Creator selbst.

Empfehlung & Lesetipps

Der YouTube-Channel  „OMR Stories“

Die OMR-Redaktion hat einen neuen YouTube-Channel für Video Kurzformate an den Start gebracht. Wir haben uns die erste Story über die Rohgang und deren Methoden, in Social Media zu wachsen, angeschaut und können euch das nur wärmstens empfehlen.

Die Story ist sehr gründlich recherchiert und zeigt in erschreckender Deutlichkeit auf, wie leicht die Social-Algorithmen mit reißerischen Aussagen und Verschwörungstheorien manipuliert werden können, um schnell wachsende Reichweite aufzubauen.

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