Interview mit Carina Balder von TRG

Nachdem wir bereits mit u. a. Simon Gall von black-friday.de und Malte Hanning von xpose360 gesprochen haben, steht uns nun Carina Balder von TRG Rede und Antwort. Im Interview geht es dabei vor allem um das Thema View Conversions, Attribution und die DSGVO sowie ePrivacy. Feuer frei!

Bitte stelle dich sowie deine Arbeit bei TRG kurz vor!

Hey, mein Name ist Carina Balder und ich bin Digital Marketing Manager bei der TRG – einer Agentur für digitales Marketing mit Standorten in Berlin und Düsseldorf. Ich arbeite seit drei Jahren in unserem Berliner Display Team und bin dort für die Planung, Erstellung und Steuerung von Kampagnen im DACH- und BENELUX Raum zuständig. Bei meiner täglichen Arbeit stehe ich im engen Kontakt zu verschiedenen Affiliate-Agenturen, wie Projecter, Affiliate Netzwerken und Advertisern. Seit diesem Jahr bin ich zudem als  Ausbilderin zum Kaufmann/Kauffrau zum E-Commerce verantwortlich.

Bild von Carina Balder von TRG

Welche Services bietet ihr KundInnen an und was unterscheidet euch von Konkurrenten?

Als Agentur für digitales Marketing mit über 15 Jahren Erfahrung bieten wir Awareness- und Performance Kampagnen sowie Strategieberatung an. Im Bereich Performance-Marketing fokussieren wir uns auf datengetriebene Display und Retargeting Kampagnen – Aktuell betreut unser internationales Team mehr als 1.000 Kampagnen in mehr als 28 Ländern. Hierbei arbeiten wir u.a. mit Postview-Tracking, wodurch wir die beiden Welten Branding und Performance kostengünstig und transparent vereinen können. 

Bei TRG haben wir ein Inhouse Mediabuy-Team und nutzen zudem eine eigene Technologie, die als übergeordnete Einkaufsplattform (Meta-DSP) fungiert und es uns ermöglicht das Inventar der programmatischen Einkaufsplattformen auf unseren preferred, private oder direct Deals mit Publishern und Vermarktern zu synchronisieren. Hierdurch können wir unseren Kunden eine größtmögliche Reichweite anbieten und somit die verschiedensten Ziele unserer Kunden bestmöglich erreichen.

Unsere Meta-DSP ist zentraler Baustein des übergreifenden Einkaufs, der laufenden Überprüfung unserer Traffic Qualität und Echtzeit Optimierung aller Kampagnen. Durch die Analyse nutzerspezifischer Merkmale steuern wir genau die Nutzer an, bei denen ein Kaufabschluss statistisch am wahrscheinlichsten ist. Unsere Kunden profitieren nicht nur von individuellen Kampagnen-Reportings (auf Wunsch), sondern auch von einem professionellen Bid-Management und Volumenrabatten, wodurch wir u.a. auch Großformate für Performance-Kampagnen einsetzen können.

Oftmals werden View Conversions verteufelt und andere Anbieter, die auf CPC abrechnen, präferiert. Was entgegnet ihr solchen Aussagen?

Durch unseren optimierten Einkauf können wir reichweitenstarke Platzierungen auf CPM-Basis einkaufen und für den Advertiser auf Performance Basis abrechnen. Dies ist allerdings nur durch die Intelligenz unseres eigenen Adservers und durch die Messung von View-Conversions möglich, denn bei jedem Aufruf eines Werbemittels mit aktivem Postview-Tracking, werden anonymisierte Userdaten (z.B. Betriebssystem, Bildschirmauflösung, Geo- Targeting, etc.) gesammelt. Diese Userdaten sind zwingend notwendig, um unsere 130 verschiedenen Optimierungskriterien anzuwenden und hierdurch auf Sales/Leads optimieren zu können.

Bei einer reinen Last Click Cookie Wins Optimierung steht hingegen die Generierung von möglichst vielen Klicks im Vordergrund, was zu einer anderen Aussteuerung führt. Hierdurch gehen unserer Meinung nach im Display Bereich wichtige Optimierungsfaktoren verloren und die Betrachtung der Customer Journey ist oftmals zu einseitig. Zudem liefern wir bei unseren Kampagnen hohe Volumina an AdImpressions auf sehr guten Inventaren, rein auf Performance Basis, und unterstützen so nicht nur den Abverkauf, sondern erreichen auch eine verbesserte Markenaffinität.

TRG ist als Agentur Unterzeichner des BVDW Code of Conduct für Affiliate Marketing und hierdurch bei der Durchführung von Postview Kampagnen verpflichtet, sich an verschiedene Kriterien und Bedingungen zu halten. Zusätzlich setzen wir umfangreiche Maßnahmen um, die ein Höchstmaß an Brand Safety und Viewability garantieren, sowie Ad-Fraud vermeiden.

Wie bist du ins Affiliate Marketing gekommen und was reizt dich daran?

Neben meinem Masterstudium im Marketing-Bereich habe ich zunächst als Werkstudentin im Online-Marketing der Messe Berlin gearbeitet. Da mir die Tätigkeiten in dieser schnelllebigen Branche sehr gefallen haben, sah ich mich im Anschluss des Studiums nach einer passenden Stelle um und fing schließlich bei der TRG an. Besonders gefällt mir in der Branche der enge, persönliche Kontakt zu den unterschiedlichsten Persönlichkeiten – Affiliate Events sind immer eine Art große Familienfeier. Auch gefällt mir die Innovationskultur – es gibt immer neue Ideen und es wird nie langweilig. 

Wenn du die letzten fünf Jahre Revue passieren lässt, wie hat sich Affiliate Marketing deiner Meinung nach entwickelt?

Für mich hat sich vor allem bei den Themen Innovation, Monopolisierung, Tracking und Bewusstsein in den letzten Jahren viel verändert.

In den vergangenen Jahren konnte man im Bereich der Affiliate Netzwerke, Advertiser, Publisher und sogar bei Branchen-Events eine Quasi-Monopolisierung und einen gefühlten Wettbewerbsrückgang beobachten: Große Firmen übernehmen kleine Marktteilnehmer oder bündeln ihre Kräfte und Know-How um noch stärker, professioneller und innovativer zu werden. Dies hat auch dazu geführt, dass die Zusammenarbeit zwischen allen Stakeholdern enger geworden ist: durch den regelmäßigen Austausch können Kampagnen zielgerichteter gestaltet werden und KPIs erreicht werden.

Der Affiliate Marketing Kanal ist sehr durch Performance getrieben. Allerdings setzen sich in den vergangen Jahren Hybridmodelle immer weiter durch: durch die Zahlung eines WKZs wird das Risiko gleichmäßig auf den Advertiser und den Publisher verteilt. Dafür erhält der Advertiser reichweitenstarke und exklusive Platzierungen. Ein wichtiger Grund für die Zunahme ist sicherlich, dass in den letzten fünf Jahren das Bewusstsein für die Relevanz des Affiliate Marketings und des gesamten Online Marketings stark zugenommen hat. Dies lässt sich einerseits an steigenden Umsätzen und WKZ Budgets erkennen, aber auch an der Einführung eines komplett neuen Ausbildungsberufes, da die Relevanz dieses wachsenden Marktes endlich erkannt wurde: seit 2018 können Unternehmen Auszubildende zum Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce ausbilden. Gerade auch in Zeiten von COVID-19 haben sicherlich viele Unternehmen die Online-Marketing-Relevanz verstanden und ihre Maßnahmen erweitert.

Nicht nur bei der Abrechnungsart gab es Veränderungen, sondern auch bei den KPIs, die einer Kampagne zugrunde liegen: Performance- und Branding-Budgets werden immer mehr verschmolzen. Viele Kunden möchten mittlerweile die Branding Effekte einer Performance Kampagne mitmessen und andersrum – denn für sie steht der ROAS bei allen Kampagnen im Vordergrund. Daten von Display und Retargeting Kampagnen können, wie bei der TRG, zusammengefasst und ausgewertet werden, um diejenigen Kunden anzusprechen, auf die die Werbung den größten Einfluss haben wird. Bei allen Kampagnenmodellen spielt hierbei natürlich auch die Betrachtung der gesamten Customer Journey und die Sicherstellung eines funktionierenden Trackings über alle Kanäle und Geräte eine große Rolle. Wir sehen, dass immer mehr Advertiser auf eine ganzheitliche Betrachtung des Weges vom ersten bis zum letzten Touchpoint setzen und eine reine Last-Touchpoint-Betrachtung immer weniger zeitgemäß ist.

Was sind deiner Meinung nach Trends in der Affiliate Marketing Branche?

Der mobile Traffic wird auch in den nächsten Jahren weiterhin zunehmen. In den vergangenen Jahren haben wir unseren Desktop Traffic auf 55% reduziert, Tendenz steigend. Umso wichtiger ist es, dass Netzwerke und Advertiser auch ein zuverlässiges mobile und InApp Tracking garantieren, sowie Advertiser mobile Formate zur Verfügung stellen. Zum 30.09., dem Stichtag zur Umstellung auf IAB TCF v2.0, haben bisher nur wenige Advertiser, aber rund 90% aller Publisher, ein Consent Management Tool (CMT) implementiert. Wir gehen davon aus, dass sich dies in den nächsten Monaten nochmals stark verändern wird. Natürlich wird auch generell das Thema Datenschutz zukünftig sicherlich nicht an Relevanz verlieren.

Wie seht ihr als Unternehmen die rechtliche bzw. Datenschutzentwicklung in Europa – die DSGVO und e-Privacy sowie ITP und ETP lässt grüßen?

Aktuell vergeht kein Quartal ohne neue Entwicklungen im Bereich Datenschutz. Natürlich sind wir hier im stetigen Austausch mit allen Marktteilnehmern, um auf sämtliche Eventualitäten vorbereitet zu sein. Ohne die Zusammenarbeit aller Stakeholder ist jedoch auch keine komplett datenschutzkonforme Abwicklung von Werbemaßnahmen, gemäß DSGVO, ITP, ETP, IAB TCF v2.0, etc. möglich. Umso wichtiger ist es, dass sich alle Marktteilnehmer abstimmen, um auch in Zukunft ein vollständiges, datenschutzkonformes Tracking zu gewährleisten.

Bild TRG Zeitstrahl

Die Themenfelder Datenschutz, Cookies und User-Tracking sind für uns als Online Marketing Agentur wichtige Bereiche, die uns in den letzten Jahren beschäftigt haben und auch zukünftig aktueller denn je bleiben. Nach Einführung der DSGVO 2018, in der definiert wurde, dass Profildaten, die über Cookies oder Ad Identifier erhoben werden, als personenbezogen gelten, haben sich viele Unternehmen auf ihr berechtigtes Interesse berufen, diese Daten zu verarbeiten. Durch inzwischen erfolgte Stellungnahmen der Aufsichtsbehörden und aktuellen Rechtsprechungen war abzusehen, dass eine technische Umsetzung für das rechtskonforme Setzen von Cookies notwendig wird. Das IAB (Interactive Advertising Bureau) mit seinem IAB Tech Lab hat dabei mit dem „Transparency and Consent Framework“, insbesondere in der aktualisierten Version 2.0, versucht einen Branchenstandard für die Einholung und Übermittlung des entsprechenden Nutzereinwilligung geschaffen, der im Marktumfeld eine immens hohe Akzeptanz genießt.

Das IAB Consent and Transparency Framework entstand im Rahmen der Einführung der DSGVO. Die erste Version 1.1. wurde am 24. April 2018 offiziell eingeführt und richtete sich vor allem an „First Parties“ (Websitebetreiber), die mit „Third Parties“ (Mar- und Ad-Tech-Unternehmen) gemeinsam Daten sammeln und verarbeiten. Diese Version war aber zunächst nicht vollständig, weshalb einige große Vendoren, wie u.a. Google diese nicht implementierten. Seit dem 31.03. ist deshalb nun die Version 2.0 auf dem Markt, welche die Version 1.0 ersetzt und 10 statt 5 verschiedene Datenverabreitungszwecke (Purposes) unterscheidet. Dies ermöglicht es nun dem User fundiertere Entscheidungen zu treffen, ob und wie seine Daten verwendet werden dürfen. Die User Einwilligung wird schließlich in Form eines TC Strings, welcher wiederum über eine IAB zertifizierte Consent Management Platform (CMP) generiert wird, an die Vendoren, wie TRG, übermittelt.

Wir sind seit der Version 1.1 Vendor und in der Global Vendor List (GVL) aufgeführt. Aus diesem Grunde halten wir uns an den von der IAB definierten Zeitplan für die Umstellung auf die Version 2.0, um so den neuen Marktstandard zu unterstützen. Somit können wir, als Teilnehmer an diesem Framework, sicherstellen, dass die Daten DSGVO konform verarbeitet werden. Aufgrund der aktuellen Pandemie wurde ein überarbeiteter Zeitplan veröffentlicht, um mehr Flexibilität bei der Umsetzung und Umstellung auf TCF 2.0 zu haben. Somit sollten aktuell die CMPs bei den Publishern/Advertisern zum Einsatz kommen, damit die Vendoren ab Ende Mai Consent-Strings verarbeiten können.

Am 30. September ist nun die Übergangsfrist abgelaufen und TCF v1.1 Consent Strings sind nicht mehr gültig. Für uns und unsere Kunden ist es daher sehr wichtig, sich an alle Vorgaben zu halten und die personenbezogenen Daten konform zu verarbeiten und so den Transparenz- und Datenschutzbedürfnissen Rechnung zu tragen. Daher unterstützen wir diese Initiative und setzen die Spezifikationen um.

Was würdet ihr euch von Advertisern, Agentur und Netzwerken wünschen, damit ihr noch besser mit diesen Zusammenarbeiten könnt?

Generell sind wir mit der Zusammenarbeit in den meisten Fällen zufrieden. Vor allem die Abstimmung mit den verschiedensten Affiliate Agenturen funktioniert sehr gut und durch stetigen Austausch können die gegenseitigen Bedürfnisse und unser Business Modell besser verstanden werden. Trotzdem wünschen wir uns von allen Stakeholdern manchmal etwas mehr Offenheit und Transparenz: Probleme sollten proaktiv kommuniziert werden und Informationen nicht erst nach dem eigenen Nachfragen geteilt werden.

Von Advertisern würden wir uns wünschen, dass sie die gesamte Customer Journey betrachten und den unterschiedlichen Touchpoints verschiedene Werte zuweisen: dies können je nach Erfolgsanteil der diversen Kanäle lineare, positionsbasierte oder sogar datengetrieben Attributionsmodelle, statt dem weitverbreiteten Last-Touchpoint-Modell sein. Nur so kann man meiner Meinung nach alle Marketingpartner fair bewerten und letztendlich vergüten.

Vielen Dank, liebe Carina!

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